Lutz Eigendorf: Der Fußballer, der aus der DDR floh und kurz darauf bei einem Verkehrsunfall mysteriös ums Leben kam

DDR-Nationalmannschaft
Start mit Fußball
Fokus auf Fußball
Silber bei U-21-EM
Sechs Länderspiele für DDR
Flucht in die BRD
Zum 1. FC Kaiserslautern
Herber Schlag
Romeo-Agent
Haftbefehl und beantragte Sperre
In der Bundesliga
Wechsel und Unfall
Nach Hause von der Kneipe
Schwere Verletzungen
War das Ministerium für Staatssicherheit beteiligt?
Mordtheorie?
Unterlagen des MfS
Beerdigung des Sohnes
Verfahren eingestellt
Das Auto als Todesmaschine
DDR-Nationalmannschaft

Lutz Eigendorf (Foto Mitte) spielte in der Nationalmannschaft der DDR - bis er 1979 in die BRD floh. Nur wenige Jahre danach kam der damals 26-Jährige bei einem Verkehrsunfall mysteriös ums Leben...

Start mit Fußball

Lutz Eigendorf wurde am 16. Juli 1956 in Brandenburg an der Havel geboren. 1964 startete er bei der BSG Motor Süd Brandenburg mit dem Fußballspielen. Ab 1970 kickte Eigendorf bei BFC Dynamo in der Nachwuchsabteilung - der Verein wurde später Rekordmeister der DDR.

Fokus auf Fußball

Zwar begann Eigendorf 1973 eine Lehre zum Elektromonteur, beendete diese jedoch, um sich vollkommen dem Fußball zu widmen. Eigendorf arbeitete als Zivilbeschäftigter der Volkspolizei beim BFC Dynamo und absolvierte den Wehrdienst bei einem Wachregiment des Ministeriums für Staatssicherheit.

Foto: Fussball - Oberliga 1975/76: BFC Dynamo Berlin - Dynamo Dresden 3:4

Silber bei U-21-EM

Mit 18 Jahren schaffte es Eigendorf (Foto li.) in die Oberligamannschaft des BFC und wurde für den Kader der DDR-U-18 nominiert. 1978 bestritt er mit der Juniornationalmannschaft die EM U-21 und konnte nach Jugoslawien Silber holen. Kurz danach spielte er für die DDR-A-Nationalmannschaft und konnte im Spiel gegen Bulgarien, das 2:2 endete, beide Tore für die DDR per Kopf holen.

Sechs Länderspiele für DDR

Mit der Nationalmannschaft der DDR war Eigendorf bei sechs Länderspielen aktiv. Doch dann sollte sich alles ändern ...

Flucht in die BRD

Eigendorf war im Frühjahr 1979 mit dem BFC Dynamo bei einem Freundschaftsspiel gegen den 1. FC Kaiserslautern zu Gast - und nutzte diesen Moment, um die DDR für immer zu verlassen und den Verein zu wechseln.

Zum 1. FC Kaiserslautern

Eigendorf wollte zum 1. FC Kaiserslautern wechseln und blieb zunächst unter Angabe eines falschen Namens in Trippstadt in einer Pension, bevor er von Norbert Thines, damaliger Geschäftsführer des Vereins, in dessen eigener Wohnung untergebracht wurde.

Herber Schlag

Für die Sportfunktionäre der DDR unter Manfred Ewald (Foto) war Eigendorfs Flucht, die in den unter staatlicher Kontrolle stehenden Medien nur wenig betrachtet wurde, ein herber Schlag. Um Nachahmer zu verhindern, wurden die Spieler stärker überprüft.

"Bei Dynamo stürmen"

Alle Fanartikel von Eigendorf in der DDR wurden vernichtet. Die Fans bemerkten natürlich Eigendorfs Verschwinden und gegnerische Fans skandierten mit dem Slogan "Willst du in den Westen türmen, musst du bei Dynamo stürmen", wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung berichtete.

Romeo-Agent

Eigendorfs erste Frau, die er mit der gemeinsamen Tochter in der DDR zurückgelassen hatte, wurde von einem sogenannten Romeo-Agenten der Stasi in eine Liebschaft, aus der ein Kind hervorging, verwickelt, um die Scheidung zu bezwecken und Informationen über Eigendorf zu erhalten. Auch Eigendorf heiratete in der BRD erneut.

Haftbefehl und beantragte Sperre

Eigendorf wurde von der Stasi beobachtet und 1979 wurde in der DDR ein Haftbefehl gegen Eigendorf erlassen. Zudem wollte der ostdeutsche Fußballverband eine Sperre über zwei Jahre erwirken. Allerdings erließ die FIFA unter dem damaligen Präsidenten João Havelange (Foto) nur eine einjährige Sperre wegen Vereinswechsels.

In der Bundesliga

1979 unterschrieb Eigendorf beim 1. FC Kaiserslautern einen Profivertrag und spielte 1980 das erste Mal in der Bundesliga. An Auswärtsspielen, die auf Grund seiner Fluchtvergangenheit ein Risiko darstellen könnten, wie bspw. gegen Spartak Moskau, nahm Eigendorf nicht teil.

Wechsel und Unfall

1982 wechselte Eigendorf zu Eintracht Braunschweig - und kurz darauf sollte sich der Verkehrsunfall ereignen, der Eigendorfs Leben beenden und für viele Spekulationen sorgen würde...

Nach Hause von der Kneipe

Es war der 5. März 1983, an dem Eintracht Braunschweig gegen VfL Bochum spielte. Eigendorf war Ersatzspieler (Foto ganz re.) und ging danach in dem Stadtteil Querum in seine Lieblingskneipe. Auf dem Nachhauseweg sollte das Unglück passieren...

Schwere Verletzungen

Sein Alfa Romeo GTV 6 kam von der Straße ab und Eigendorf, der nicht angeschnallt war und, wie sich bei späteren Untersuchungen herausstellte, einen Blutalkohol von über 2 Promille hatte, verletzte sich schwer.

War das Ministerium für Staatssicherheit beteiligt?

Eigendorf verstarb zwei Tage nach dem Unfall im Alter von 26 Jahren. Danach gab es vielfache Spekulationen darüber, dass das DDR-Ministerium für Staatssicherheit (MfS) den Unfall herbeigeführt habe, um Eigendorf, der seit seiner Flucht von der Stasi beobachtet worden war, aus dem Weg zu räumen.

Mordtheorie?

Quellen, darunter unter anderem Eigendorfs Witwe, sprachen sich dagegen aus, dass Eigendorf so viel Alkohol getrunken habe. Daher gibt es Spekulationen, so von Autor Heribert Schwan, dass Eigendorf gezielt Alkohol verabreicht, er in sein Auto gesetzt und dann geblendet worden sei.

Unterlagen des MfS

Zwar wurden die Spekulationen von anderen Stimmen, so auch dem damals zuständigen Staatsanwalt, zurückgewiesen, jedoch fanden sich Unterlagen einer Abteilung des MfS, in denen Eigendorf im Zusammenhang mit Personengefährdungen, Blenden, Unfallstatistiken, Ohnmacht und Narkosemitteln genannt wird.

Beerdigung des Sohnes

Eigendorfs Eltern, die damals zur Beerdigung ihres Sohnes eine Ausreisegenehmigung der DDR erhalten hatten, nutzten die Gelegenheit und kehrten nie wieder zurück.

Verfahren eingestellt

2011 beschloss die Staatsanwaltschaft Berlin, dass das Verfahren nicht wieder aufgenommen werde, da die Beweise nicht ausreichend sein, um einen Auftragsmord zu beweisen.

Foto: Pixabay / bboellinger

Das Auto als Todesmaschine

Der Fall Lutz Eigendorf bleibt weiter ungeklärt - und beschäftigt die Gesellschaft. 2014 griff der Künstler Philip Groezinger den Fall in seiner Installaton mit dem Titel "7.3.1983" auf, bei der er einen Alpha Romeo Eigendorfs Unfallwagen nachempfand, um das Auto als Todesmaschine im Rahmen der "Sculpture Triennial 2014" in Bingen am Rhein mit dem Motto "Mensch und Maschine" zu inszenieren.

Folgen Sie uns und erhalten Sie jeden Tag Zugang zu großartigen exklusiven Inhalten

Weiteres